Gespräch mit Cornelie Müller, Januar 2005
Ich kam 1949 nach München, auf Umwegen bin ich bei der Mutti-Bräu in Schwabing gelandet, das war damals der Pfälzer Hof, heute ist dort die >>Lach & Schiess. Da war ich Mädchen für alles.
Dann wurde mir geraten, ein eigenes Lokal aufzumachen. In der Occamstr. war das Flimmerzelt, das war bei den Amis sehr beliebt, die waren pleite. Meine Stammgäste haben mir das Geld zum Einkaufen vorgestreckt. Am 1. Dezember 1952 hab ich eröffnet. Alle waren da. Man war eine Gemeinschaft. Wer was hatte, hat dem anderen was gegeben. Ob das Studenten waren, Maler oder Akademiker. Die Studenten bekamen alle mein Gulaschsüppchen umsonst.
Wir waren ein reines Nachtlokal, im Anfang hatten wir bis 3 Uhr auf, später wegen Ruhestörung bis 1 Uhr. Ich war ein Lokal, das man nach dem Theater und nach dem Essen besuchte. Es wurde viel getrunken. Wein und Cocktails. Es gab zwei Bars. Ich hatte 22 Mitarbeiter. 120 Personen hatten Platz. Eintritt habe ich keinen genommen.
Es gab eine kleine Bühne und ich bin von Anfang an aufgetreten, ich hatte ein paar Zarah-Leander-Sachen und die Schwabinger Laterne. Dann lernte ich 1953 meinen lieben Sascha (Alexander Gorski) kennen, der war eigentlich Architekt, und ich habe ihn inspiriert, Chansons zu schreiben. Er hat mir Musik und Text auf den Leib geschrieben. Ich hab vom ersten Tag an Erfolg gehabt. Ich hatte eine 5-köpfige Kapelle als Begleitung. Live, jeden Abend. Da waren auch Studiomusiker, mit denen habe ich Plattenaufnahmen gemacht.
Ich habe 30 Schallplatten gemacht, mindestens 10 davon sind >> Nowak-Folgen. Der hatte 80 Verse. Von der Originalversion von Hugo Wiener habe ich nur einen Vers gesungen. Das andere waren eigene, bwz. von Sascha getextete. Das durfte er mit Einverständnis von Hugo Wiener. Das war ein Riesenerfolg. Wenn morgens was in München passierte, Handwerksmesse oder Chirurgenkongress, hatte ich abends einen aktuellen Nowaktext. Die Nowakstrophen haben das aktuelles Geschehen kommentiert.
Mein Repertoire umfasste etwa 90 Chansons. Im Lauf der Zeit kam einiges hinzu. Standard war der Nowak bis zum Schluss. 1952 hab ich angefangen, 1964 hab ich geheiratet. Dann war eine Krise zwischen 1968 und 1970, da wollten wir schon aufhören, dann kam aber mit der Olympiade noch einmal ein Boom, ich habe dann 1974 die Tore geschlossen - mit der Weltmeisterschaft. Bis 74 hab ich auch auf der Bühne gestanden. Danach bin ich mit meinem Mann nach Dinkelsbühl. 1983 bin ich nach München zurück. Ich hatte dann noch einmal einen ziemlichen Aufschwung mit Konstantin Wecker. Hab ich das Kaffee Giesing gemacht, bis 1985. Maurus Pacher hat ein sehr schönes Chanson für mich geschrieben und Wecker die Musik, das gibts leider nicht auf Platte: Der letzte Strip, mein Herr, ist nicht mehr wahnsinnig obszön. Das war schon auf mein Alter zugeschnitten. Ich hab noch einmal ein Lokal in der Herzog-Heinrichstr. aufgemacht, 1986 - 1990.
Dann hab ich mich nach Tirol zurückgezogen.