Wiederaufbau 1946 bis Ende der 1960er Jahre

Die demographische Situation Münchens erfuhr nach Ende des Zweiten Weltkrieges einen Wandel. Zu den traditionellen Kreisen und der gemeinhin unter dem Begriff Schwabinger Boheme subsumierten Szene gesellten sich aus der Emigration Zurückgekehrte, Flüchtlinge und Vertriebene verschiedener Gebiete sowie die amerikanischen Besatzer. Große Teile der heterogenen Gesellschaft einte aber eine leidenschaftliche Musikbegeisterung. Musik galt als politisch unverbindlich und bot eine Form seelischer Fluchtmöglichkeit.

Kleine Bühnen, Kabaretts und Brettl schossen wie Pilze aus dem Boden und bei Tanzveranstaltungen drängte sich das Publikum; der Eintritt zu den Vorstellungen war in Form von Naturalien oder Briketts zu entrichten. Die Veranstaltungen fanden wegen der abendlichen Ausgangssperre zunächst am späten Nachmittag statt; die Aufhebung der Ausgangssperre erfolgte am 30. März 1946.

Im Volkssänger-Genre bestand weiterhin die Differenzierung in Bauernbühne á la Platzl einerseits und Varieté bzw. Revue/Operette andererseits. Der Niedergang dieser Form der Unterhaltung war allerdings nicht aufzuhalten: nach anfänglichem Zuspruch wandte sich das Publikum ab Ende der 1940er/Anfang der 1950er Jahre anderen Vergnügungen zu. Lediglich größere Bühnen wie das >>Apollo und das >>Platzl konnten sich halten.

Markus Staffner betrieb ab Januar 1947 eine Volkssängerbühne mit dem Namen Rund um Oberbayern im Märzenkeller. Er zählte mehrere ehemalige Platzl-SpielerInnen zu seinem Ensemble. Die Presse hob die Parallele zum Platzl hervor: „An den stark besuchten Samstag- und Sonntagabenden fühlt man die Einmütigkeit einstiger Weiß-Ferdl-Stimmung.“ (Münchner Merkur, 12. August 1949)

Johann Koller meldete im Oktober 1949 das Gewerbe für ein Bauerntheater im Sterneckerbräu an.

Maiers Bauernbühne spielte ab September 1946 unter dem Motto Bayrisch woll’n ma lustig sein.

Die lustigen Truderinger unter Anton Loos zeigten 1947 in verschiedenen Wirtshäusern unter dem Titel Rund um die Lederhosen ein „buntes Programm mit Schrammel-Musik, Jodler, 2 Einakter (Bauernkomödien) und dem fidelen Solo-Teil. Stimmung – Humor – Gaudi – Hetz!“. Am 1. März 1947 traten sie damit auch im Flüchtlingslager Allach auf.

Andere Volkssänger nannten ihre Ensembles Münchner Bauernbühne, Die lustige G’moa, Bunte Bauernbühne, Oberbayerische Volkssingspiele, Kleine Bauernbühne, Singspielbühne Weiß-Blauer Humor, Bayerisches Schatzkästlei oder Alt Bayern Unterhaltungsstätte. Noch erhaltene Volkssänger-Spielstätten in den Randbezirken der Stadt wurden vor allem an den Wochenenden von nebenberuflich tätigen Volkssängergesellschaften genutzt. So spielte das Singspielunternehmen August Frohnauer in einem Waldtruderinger Wirtshaus in der Besetzung drei Damen, vier Herren und drei Schrammelmusiker.

Im September 1946 eröffnete Franzl Späth in der Gietlstraße am Ostfriedhof die Münchner Lustspielbühne. Er setzte auf Revuen, Operetten und Singspiele. Die Bühne zeigte „Fahr’n ma Euer Gnaden“, „Schwarzwaldmädel“, „Der Vetter aus Dingsda“, und „Das weiße Rössl“, alles sehr beliebte Stücke mit mehr als 100 Vorstellungen. Späth bekam Mitte 1948 keine weitere Lizenz der Militärregierung und musste schließen..

Die Süddeutsche Zeitung vom 14. Dezember 1948 schrieb über das „Erwachende Münchner Nachtleben“ und konstatierte die Zunahme der Bierlokale, Kaffeehäuser, Weinhäuser und 2 Dutzend Tanzlokale. Dabei hätten weit über 1.000 Lokale Tanzerlaubnis für das Wochenende beantragt und 10 Betriebe besäßen die Erlaubnis, bis nach 2 Uhr geöffnet zu haben, jedoch mit der Auflage, dies nicht in Werbeankündigungen zu erwähnen. Auch würde das Vereinsleben wieder reger.

Die Abendzeitung  vom 16./17. Juni 1956 sprach vom „bereits recht internationalen Publikum“ und das Fachblatt Gastwirt und Hotelier berichtete am 29. März gleichen Jahres: „Jubilierendes Platzl. Fünfzig Jahre alt, aber lebendig wie einst, so beging Münchens bekanntes Bauerntheater Platzl, das Weiß Ferdl berühmt gemacht hat, sein Jubiläum. ... Nach dem 1949 verstorbenen Weiß Ferdl, ..., gehören der Schauspieler Carl Baierl, der Jodler Franzl Lang ... zu den neuen Stars im Platzl. Auch die glossierenden Sketchs von Toni und Vroni und der Weiß Ferdl geschickt kopierende Alfred Pongratz gefallen sehr...“

Am 3. November 1951 nahm das >>Apollo-Theater erneut den Betrieb auf. nachdem es bei einem Bombenangriff im Januar 1945 zerstört worden war.

Die Währungsreform im Juni 1948 markierte einen wichtigen Einschnitt in der Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Heute oft zum Mythos verklärt und gemeinhin als Beginn des so genannten Wirtschaftswunders angesehen, wirkte sie sich zunächst keineswegs positiv für das Gros der Bevölkerung aus. Die Lebenshaltungskosten stiegen exorbitant, zugleich hatte die Besatzungsmacht aber einen Lohnstopp verfügt. Die Arbeitslosenquote stieg im Herbst 1949 auf über 10 Prozent – von Aufbruchstimmung war zu der Zeit nicht viel zu spüren. Damit einher ging auch ein verändertes Freizeitverhalten: das häusliche Zusammensein in der Familie stellte die beliebteste Form der Freizeitgestaltung dar, abendliches Ausgehen fand höchstes am Wochenende statt.

Das Publikum blieb in dramatischem Umfang aus, viele Komikergesellschaften mussten aufgeben.

Ab Mitte der 1950er Jahren gab es außer den Ensembles am Platzl und im Apollo keine festen Volkssänger-Gesellschaften mehr. Stattdessen wurden zu den populären gemischten Programmen wie >>Bunte Abende, Modenschauen u.ä. EinzelkünstlerInnen, Duos oder kleine Ensembles wie die durch den >>Bayerischen Rundfunk bekannten >>Isarspatzen oder >>3 lustigen Moosacher engagiert. Bunte Abende avancierten zur beliebtesten Unterhaltungsform sowohl auf der Bühne als auch im Radio und später im Fernsehen. Hier fand ein Teil der VolkssängerInnen zusammen mit dem Nachwuchs der Unterhaltungsbranche ein Auskommen.

Künstleragenturen und Gastspieldirektionen wie >>Dolf Zenzen und >>Kempf stellten für Einzelveranstaltungen und Tourneen durch Stadthallen oder Kurorte unterhaltsame Programme zusammen, die Münchner Künstlerinnen und Künstler wie beispielsweise >>Georg Blädel solo oder zusammen mit Trudl Guhl als Gscherten-Duo „Stasi und Blasi“, >>Erni Singerl, >>Kathi Prechtl, >>Ida Schumacher, >>Franzl Lang, >>Michl Lang, >>Barbara Gallauner oder als besondere Stars >>Liesl Karlstadt und >>Bally Prell versammelte. Bei den Tourneen wurden gern Veranstaltungen in nahe gelegenen Orten auf einen Abend gelegt, wobei das Ensemble geteilt wurde: eine Hälfte der Künstlerschaft bestritt in Ort A den ersten Teil des Programms, die andere Hälfte in Ort B, in der Pause wurden dann die Ensemblehälften ausgetauscht und brachten ihr Programm ein zweites Mal. (Quelle: Interviews von Heike Frey mit Franzl Lang im September 2001 und Rudi Büttner im Januar 1999)

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